Parabel-Spiegel

Klaus von der Heide


Ultraschallmikrofone sind in der Regel nicht wetterfest. Eine Methode, solch ein Mikrofon vor Regen und Hagel zu schützen, ist das Mikrofon mit der Öffnung nach unten wetterfest einzubauen und die Schallwellen mit einem Spiegel zum Mikrofon zu reflektieren. Im nachfolgend beschriebenen Fall kam eine weitere Forderung hinzu, nämlich die Anordnung nicht für die gesamte Umgebung empfindlich zu machen, sondern angenähert für einen Sektor einer horizontal liegenden dünnen Scheibe  (etwa 1/4 Pizza).

Ziel

Die hier beschriebene Anordnung sollte der Beobachtung von Wasser- und Teichfledermäusen dienen, die dicht über der Wasseroberfläche jagen. Sie sollte empfindlich sein für einen insgesamt 90° breiten Sektor über einem See und dabei Signale aus größeren Höhen und Echos von der Wasseroberfläche weniger stark wiedergeben. 

Versuchsanordnung

Ein quadratisches Blech (Alu 1.5 mm) von etwa 25 cm Kantenlänge wird in einer Richtung so gebogen, dass es möglichst genau dem in folgendem Bild links angegebenen Querschnitt folgt. Knicke im Blech dürfen nicht vorkommen.

       

Die Schallwellen fallen von links auf den Spiegel und werden zum Mikrofon (roter Punkt) reflektiert. Das Mikrofon wird dort um 58° geneigt installiert.

Frequenzgang der Anordnung

Der gebogene Spiegel verstärkt das vom Mikrofon aufgenommene Signal. Die Verstärkung ist jedoch keineswegs fest vorgegeben sondern proportional zur Quadratwurzel aus der Schallfrequenz, sofern die Schallquelle vertikal in der Mitte des Sektors liegt. Dies hat erhebliche Konsequenzen für die Artbestimmung aus den aufgenommenen Fledermausrufen. Insbesondere bei Myotis-Arten werden Hauptfrequenzen deutlich nach oben verschoben und aus ansteigenden Dreiecken bei Rufamplituden-Profilen können Rechteckformen werden. Auch werden Harmonische sichtbar, die ohne den Spiegel verborgen bleiben. Fliegt die Fledermaus nicht so, dass ihre Schallwellen sich im Fokus beim Mikrofon treffen, so kann sich der Frequenzgang sogar umkehren. Eine automatische Korrektur des Frequenzganges ist also unmöglich, weil der Frequenzgang stark vom Ort der Fledermaus abhängt.

Erste Resultate

Die beschriebene Anordnung wurde beim Autor auf dem Bootsteg am Prüßsee in Güster platziert und unmittelbar daneben ein normaler Rekorder zum Vergleich mit Hauptaufnahmerichtung ebenfalls zu See. Wie zu erwarten werden Zwerg- und Mückenfledermäuse sowie Zikaden etc. vom normalen Rekorder deutlich besser aufgenommen und bei Wasserfledermäusen ist dies umgekehrt. Die Übersichtsspektrogramme, die der Autor set 2017 für jede Nachtstunde berechnet zeigen das deutlich. Nachfolgend zunächst das Bild des Vergleichsrekorders und darunter das Bild der Spiegelanordnung (20190915T21-22):

Deutlich sichtbar ist die Schwächung aller Signale von am Ufer fliegenden Pipistrelli und von Insekten. Die Rufe der Wasserfledermäuse sind dagegen etwa um den Faktor 10 stärker (oberhalb von 30 kHz). Die Analyse desselben Rufes bestätigt dies, oben vom Vergleichsrekorder, unten von der Spiegelanordnung (20190919T04):



Die vertikale Skala beim Rufprofil und beim Leistungsspektrum ist in dB. Deshalb fällt der wesentliche Unterschied nicht so auf, dass nämlich der vom Vergleichsrekorder aufgenommene Ruf die bei Myotis-Arten typische Leistungsspitze am Ende hat, während das Leistungsmaximum bei der Spiegelanordnung ziemlich breit erscheint. Auch die erwartete Reduzierung des Echos beim Spiegel ist sichtbar an geringeren Interferenzen bei Profil und Spektrum. Das folgende Bild zeigt den zeitlichen Verlauf eines anderen Rufes in linearer Skalierung in blau für die Spiegelanordnung und in rot für den Vergleichsrekorder. Die wesentlich kleinere Amplitude des Vergleichs ist dabei der Deutlichkeit halber auch auf die Maximalamplitude  1.0  skaliert.  Auch hier ist beim Vergleichsrekorder ein diffuses Echo erkennbar, welches die Spiegelanordnung nicht hört:


Anwendungsmöglichkeiten

Die Spiegelanordnung lässt sich besonders gut am Wasser mit niedrig fliegenden Fledermäusen testen. Sie ist aber genauso geeignet in vertikaler Ausrichtung. Dann lassen sich Durchflüge besser registrieren als mit üblichen Rekordern, die rundum hören. Wenn man zwei Mikrofone etwas gegen den Brennpunkt der Parabel versetzt montiert, wie man das auch bei Satellitenschüsseln macht, um mehrere Satelliten zu empfangen, dann schielt der Spiegel, so dass die Mikrofone (rot und grün im folgenden Bild) in zwei aufeinanderliegenden Sektoren hören. Die simultan detektierten Rufe einer durchfliegenden Fledermaus sind erst in einem Sektor laut, dann im zweiten.


Entfernung gehörter Rufe

Der Spiegel liefert eine etwa zehnfache Verstärkung der Signalspannung. Da die Signalspannung umgekehrt proportional zur Entfernung ist, kann der Spiegel Rufe aus der zehnfachen Entfernung hören gegenüber dem einfachen Rekorder. Dagegen kann man einwenden, dass höhere Frequenzen stark durch die Atmosphäre gedämpft werden. Der Spiegel gleicht das aber teilweise dadurch aus, dass seine Verstärkung proportional zur Wurzel aus der Frequenz ist. Allerdings geht atmosphärische Dämpfung einher mit erheblichen Signalverzerrungen. Trotz relativ guten Signals könnten die Spektrogramme entfernter Rufe deshalb gestört sein. Die derzeitigen Versuche haben das allerdings noch nicht bestätigt.


Optimale Spiegel


Offsetspiegel für bodennahe Beobachtung
(z.B. Wasserfledermäuse)

-0.01, -0.15, 0.25, 0.06 +17 dB über einfachem Mikrofon (PWR 50-fach)

Symmetrischer Spiegel für Durchflugbeobachtungen

0.12, -0.12, 0.40, 0.15 +17 dB über einfachem Mikrofon, zwei Mikrofone +- 0.008 vom Fokus